Käufer von Handys sind kritisch: Keine Kratzer und Schlieren auf Gehäuse und Display sollen den optischen Eindruck des Mobiltelefons trüben. Die Hersteller betreiben deshalb einen größeren Aufwand, um solche Beeinträchtigungen zu vermeiden und schadhafte Teile auszusortieren. Die Intego GmbH in Erlangen-Tennenlohe ist der weltweit einzige Anbieter eines Prüfsystems, mit dem sich Handy-Displays schnell und zuverlässig prüfen lassen. Das Unternehmen, das sich auf Kamera-Prüfsysteme in der Kunststofftechnik spezialisiert hat, wurde auf Grund seines hohen Innovationsgrades mit dem 1. Preis des IHK-Gründerwettbewerbes 2002 ausgezeichnet.
Qualitätssicherung ist in der Produktion ein Muss. Systeme der Bildverarbeitung, die mit Kameras Fehler erfassen sowie mit einer Software analysieren und dem Mitarbeiter anzeigen, sind in den letzten Jahren zu einer wichtigen Hilfe geworden, um die Qualität zu überprüfen und die Aussortierung schadhafter Teile zu automatisieren. Jedoch sehen sich viele Firmen, die die Bildverarbeitung einsetzen wollen, nach Aussage von Intego-Geschäftsführer Dr. Thomas Wagner in einem Dilemma: Auf der einen Seite gibt es eine Reihe von Anbietern, die zu relativ günstigen Preisen „intelligente“ Kamerasysteme für Standardaufgaben „von der Stange“ anbieten. Diese müssen jedoch von den Kunden erst für die speziellen Prüfaufgaben angepasst werden. Viele kleine und mittlere Unternehmen können diese Konfigurationen aber nicht selbst leisten. Auf der anderen Seite gibt es Firmen, die für komplexere Aufgaben in der Bildverarbeitung kundenspezifische Lösungen anbieten, diese sind auf Grund der geringen Stückzahlen häufig zu teuer und als neue Systeme auch mit gewissen Risiken behaftet.
Die Intego GmbH, die 1999 von Dr. Thomas Wagner und seinem Geschäftsführer-Kollegen Dr. Peter Plankensteiner gegründet wurde und ihren Sitz im Erlanger Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) hat, will die Vorteile beider Anbietergruppen verbinden: Intego hat sich auf Anwendungen der Bildverarbeitung in der Kunststofftechnik spezialisiert und senkt damit Projektrisiken und Preis. Gleichsam im Baukastensystem werden für eine spezielle Zielgruppe die Systeme sowie die dazu passenden individuellen Lösungen angeboten. Die schlüsselfertigen Anlagen werden beim Anwender konfiguriert und in Betrieb genommen.
Auf die Kunststofftechnik hat sich Intego nicht zuletzt deshalb spezialisiert, weil es dort im Wesentlichen nur zwei Fertigungsverfahren gibt, in die die automatisierten Kameraprüfsysteme integriert werden müssen: Extrusion und Spritzguss. Auch die Zahl der Fehler, die bei der Herstellung von Kunststoffteilen auftreten, sind meist dieselben: Staubabdrücke, Schlieren, Einschlüsse, schwarze Punkte sowie Reinigungs- und Maßfehler (z.B. falsche Position von Beschriftungen). Die überschaubare Zahl von Produktionsverfahren und Fehlerquellen macht es vergleichsweise einfach, kundenspezifische Lösungen im Baukastensystem anzubieten, die gleichzeitig erschwinglich sind und nicht – wie Einzelanfertigungen – mit einem hohen Risiko bei der Einführung verbunden sind.
Metallverarbeitung
Nach Aussage Wagners peilt Intego über die Kunststofftechnik hinaus weitere Anwendungen an: Bei der Herstellung von Metallrohren und -stangen treten vergleichbare Rahmenbedingungen wie in der Kunststofftechnik auf. Die Teile kommen in langen „Bändern“ aus den Maschinen und werden durch die Prüfsysteme ebenfalls zu 100 Prozent auf eine festgelegte Anzahl von Fehlern untersucht. Auch in der Metallbearbeitung dient die Erfassung von Fehlern und deren Visualisierung am Bildschirm dazu, den Fertigungsprozess rechtzeitig zu korrigieren und damit den Ausschuss zu senken. Mit der kleinen Messtechnikfirma IPC in Hilpoltstein, die auf die Prüfung der Durchmesser von Rohren und Stäben spezialisiert ist, werden gerade marktreife Systeme für die Kameraprüfung entwickelt.
In der Kunststofftechnik haben sich bereits zahlreiche Anlagen des jungen Unternehmens, das sieben Mitarbeiter beschäftigt und im Geschäftsjahr 2001 rund 800 000 Euro umsetzte, in der Praxis bewährt. Vom weltweit einzigartigen Prüfsystem „Opal“, mit dem die Produktion von Display-Abdeckungen für Handys überwacht wird, wurden bisher 20 Anlagen ausgeliefert. Zahlreiche Anfragen aus dem Ausland liegen vor. Eine große Hilfe beim Markteintritt war laut Wagner die Kooperation mit Leonhard Kurz in Fürth – ein Spezialist für Folien, die in der Kunststoffindustrie zum Einsatz kommen. Zwei Handy-Produzenten, die Folien von Kurz für die Beschriftung der Gehäuse verwenden, setzen auch die Prüfsysteme von Intego ein. Auch die Oechsler AG in Ansbach und Demag ergotech in Schwaig bei Nürnberg zählen zu den Geschäftspartnern des Erlanger Unternehmens.
Starthilfe durch Fraunhofer-Institut
Die Grundlage für den Erfolg hat das Team von Intego beim Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (FhG-IIS-A) gelegt. Das Gründerteam hatte dort sechs Jahre in einer Arbeitsgruppe für Bildverarbeitung an neuen Prüfsystemen gearbeitet, wobei forschungsnahe Anwendungen etwa in der Mikroelektronik oder in der Medizintechnik im Mittelpunkt standen. Noch heute ist Wagner dem damaligen Institutsleiter Prof. Dr. Dieter Seitzer dankbar, dass er der Arbeitsgruppe Raum ließ für industrienahes Arbeiten und dass sich das Team Erfahrungen in Projektmanagement, Patentverwertung und kaufmännischen Themen aneignen konnte. Wichtige Starthilfen seien auch die Teilnahme am Businessplan-Wettbewerb Nordbayern sowie die Förderung durch das BayTOU-Programm des Freistaates gewesen.
Bis 2004 will Intego den Umsatz jährlich zwischen 30 und 50 Prozent steigern. Für die Expansion sollen auch weitere Mitarbeiter eingestellt werden: Schon jetzt sind ständig fünf Praktikanten der Fachhochschule an Projekten von Intego beteiligt. Diese werden systematisch an die Arbeit im Unternehmen herangeführt und sollen nach Abschluss ihres Studiums übernommen werden.